gebeutelt (2008)
Vor über 50 Jahren gründete der renommierte Insektenforscher, Tierzeichner und -präparator Walter Linsenmaier im luzernischen Ebikon das Tierwelt-Panorama. Sechs Jahre nach seinem Tod wurde das einzigartige Museum Ende 2006 geschlossen. Das Natur-Museum Luzern hat eine grosse Anzahl datierter Präparate aus dem Fundus der Linsenmaier-Sammlung übernommen. Um Schädlinge wie Kleidermotte, Pelz- oder Museumskäfer im Gefieder und Pelz der Tiere zu vernichten und nicht in die bestehende Sammlung einzuschleppen, wurde jedes Präparat einzeln in einen mit Mottenkugeln versetzten Plastiksack verpackt und luftdicht verschnürt. Ausgestopfte und präparierte Tiere provozieren. Der Wissenschafter – getrieben vom Forschungsdrang die Natur systematisch zu erfassen, abzubilden und zu konservieren – präpariert die Tiere möglichst naturgetreu. Gebleichte Tierschädel mit mehr oder weniger imposantem Gehörn zieren des Jägers Stube. Andere verstehen das Ausstopfen und Präsentieren von Tierleichen als grauenhaften Affront gegenüber der Kreatur.
Die gezeigten Fotografien nehmen diese Kontorverse auf. Die ausgestopften Tiere, ursprünglich für eine natürliche Umgebung geschaffen, wurden vom naturwissenschaftlichen Präparator in Einwegbeutel gesteckt und mit farbigen Bändern luftdicht verschnürt. Trotz der ziemlich ausweglosen Situation scheint der mit Gift versetzte Beutel den Tieren neues Leben einzuhauchen: Die Turteltaube trägt stolz ihre rote Halsschlaufe, während die Kleinkatze neben ihrem Jungen nun auch ihren Platz im Beutel zu verteidigen scheint. Der Kuckuck versucht aus dem Beutel zu fliehen – was dem Pinseläffchen schon fast gelungen ist – und die Schneeeule wird zur Braut. Die Bilder sollen anregen, die Gedanken schweifen zu lassen – auch in ungewohnte Richtungen.